Mein Papa, 10. Februar 2005

Am 17. Oktober 2004 haben wir mit vielen Freunden, Verwandten, Nachbarn und Bekannten seinen 80. Geburtstag gefeiert. Er hatte so viel Spaß an diesem Tag gehabt. Das Foto ist abends danach entstanden mit seinem typischen etwas schelmischen Lächeln.
Ich habe viele Bilder von meinem Papa im Kopf. Und ich habe in den letzten Tagen viel darüber nachgedacht, ob das wirklich stimmt oder ob meine Erinnerung mich täuscht. Aber es ist wahr: Ich habe meinen Papa nie weinen gesehen.
Er hatte vielleicht schon mal eine Träne im Auge, wenn der Wind kalt war, weil er sich von kaum einem Wetter davon abhalten ließ, rausgehen zu wollen.
Er war jemand, der vor Lachen weinen konnte. Zuletzt habe ich ihn so an Weihnachten gesehen. Als Kind nannte er mich manchmal „Mein Freund und Kupferstecher“. Als ich unter die Weihnachtskarte für meine Eltern schreib „Euer Sohn und Kupferstecher“ hat er gelacht bis ihm die Tränen kamen.
Er lachte immer gerne und machte auch gerne Scherze mit anderen. Der 1. April wurde bei uns immer gefeiert. Mein Papa und ich haben den gleichen Humor, darum haben wir uns gegenseitig immer schnell durchschaut, wenn wir versucht haben uns in den April zu schicken.
Auf die 5. Jahreszeit hat er sich immer sehr gefreut. Er war früher sehr aktiv in einem Karnevalsverein. Als ich im Kindergarten war, hat mein Papa eine Büttenrede für mich geschrieben, sie mit mir geübt und ich habe sie dann auf der Karnevalssitzung im Kindergarten vorgetragen. Wäre er nicht krank geworden, wäre ich heute wahrscheinlich ein bekannter Büttenredner im Kölner Karneval. Das Lied von Willi Ostermann „Ich ben ne Kölsche Jung“ konnte ich angeblich schon singen, als ich noch nicht richtig laufen konnte.
Ich habe viel von meinem Papa gelernt. Zwei praktische Dinge fallen mir dann immer sofort ein: Schach spielen und wie man Fliegen fängt. Egal was ich gemacht habe, meine Eltern haben mich unterstützt. Als Kind habe ich öfters seinen Nachtisch nach dem Mittagessen bekommen. Später waren es so viele Dinge, weit mehr als nur Taschengeld. Den Dauerauftrag für mein Taschengeld wollte er auch nie kündigen. Meine Mama sagte mir mal, er hat immer gesagt „Der Jung kommt zu erst!“. Er hat mir das mit diesen Worten so nicht gesagt, aber ich habe es immer gespürt.
Ich war sechs als mein Papa im März 1977 den Schlaganfall bekam und seid dem in der rechten Körperhälfte gelähmt war. Trotzdem war er für mich da. Er konnte mir zwar nicht aktiv beim Aufbauen der Lego-Eisenbahn helfen, aber er saß dann stundenlang in meinem Zimmer und hat mir Bautipps gegeben. Und auch Kissenschlachten konnte er mit einem Arm machen.
Trotz seiner Behinderung wollte er immer viel unterwegs sein. Von jedem größeren Ort in dem wir waren, hat er sich das Stadt-Wappen auf den Rollstuhl geklebt. Und wenn keines mehr drauf passte, haben wir einen neuen gekauft. Einmal waren wir zu dritt auf dem Drachenfels. Nicht nur bis zu der Höhe wo die Zahnradbahn hinfährt, sondern bis ganz nach oben.
Mein Papa hat über seine Krankheit nie geklagt. Im Gegenteil er sagte mal zu meiner Mama, er hätte ein schönes Leben gehabt. Kurz nachdem mein Papa den Schlaganfall bekommen hat, sagte er einmal zu meiner Mama, dass er ihr nicht böse wäre und es verstehen könnte, wenn sie ihn verlassen würde. Sie hat sich für ihn, für uns entschieden. Danke Mama! Und ich weiß, auch er war dir dankbar dafür.
Am 14. Oktober 2000, drei Tage vor seinem 76. Geburtstag, lag mein Papa sehr krank im Bett. Er glaubte selber, dass er bald sterben würde. Er konnte sich kaum bewegen, aber als ich zu ihm kam leuchteten seine Augen vor Freude mich doch noch einmal gesehen zuhaben. Er verabschiedete sich von mir mit den Worten „Machs besser!“ Und ich konnte nur antworten „Ja!“.
Heute weiß ich die richtige Antwort: Ich kann es nicht besser machen. Ich kann nur versuchen es genau so gut zu machen.

Mit Stolz sage ich es jedem, der es wissen will:
Ich bin Werner, der Sohn von Else und Heinz Halft.